Seit 2006 gibt es das Projekt „Create a Difference“ der Unternehmensberatung A.T. Kearney. Ziel des CSR-Projekts ist es, junge, engagierte Studierende bei der Durchführung von ehrenamtlichen Projekten zu coachen.
Eines der geförderten Projekte ist der ModelG8 e.V. – ein Verein, der Studierende dazu bewegen möchte, sich mit der Politik der G8 auseinanderzusetzen. Einmal im Jahr wird im Land der G8-Präsidentschaft eine ModelG8-Konferenz veranstaltet, die den G8-Gipfel simuliert und versucht, den Studierenden Einblicke in die komplexen Verhandlungen zu geben.
Nachdem das ModelG8-Projekt seit 2006 existiert, hat sich A.T. Kearney 2008 entschlossen, bei der Gründung des Vereins zu helfen. Dabei ging es nicht um finanzielle Beiträge, sondern eher Hilfe bei der Organisation der zu erledigenden Aufgaben und der Erstellung eines Zeitplans.
Da ich das ModelG8-Projekt sehr lange kannte, war ich erst ein wenig skeptisch, ob man ehrenamtliches Engagement mit Methoden der Unternehmensberatung unterstützen kann. Mein Eindruck ist aber, dass dies dem Verein sehr geholfen hat, da klare Verantwortlichkeiten erstellt worden sind (im typischen Beraterslang werden diese mit „Ownership“ bezeichnet).
Der Verein arbeitet mittlerweile sehr professionell und das Feedback der Berater hat geholfen, innerhalb weniger Wochen Sponsoren aufzutreiben, die Öffentlichkeitsarbeit in Gang zu bekommen und ein gut funktionierendes Team zusammenzubringen. Ganz wichtig war auch das Feedback bei den Kommunikationsmethoden innerhalb des Vereins und gegenüber den Partnern.
Die professionelle Beratung im ehrenamtlichen Sektor wichtig ist, aber nicht ersetzen kann, dass das Engagement von gewissen Idealen angeleitet wird. Ein Verein lebt davon, dass seine Mitglieder sich mit dem Verein identifizieren können und eine Zeitlang bereit sind, sehr viel Arbeit und Zeit in ein Projekt zu stecken. Die professionelle Beratung kann verhindern, dass sich die Engagierten am Projekt aufreiben und am Ende frustriert sind.
Christian Schrader war einer der Gründer der Initiative. Ich hatte die Gelegenheit, ihm ein paar Fragen zu stellen:
Nachhall-Texter: Wie kam es zu der Idee von „Create a Difference“?
Schrader: Ich war Teil des Teams von A.T. Kearney Beratern, das in 2006 „Create a Difference“ gemeinsam ins Leben gerufen hat. Hauptmotivation ist seitdem junge, engagierte Studierende in ihrem sozialem Engagement zu unterstützen. Alle Kollegen, die sich hierbei engagieren, machen dies pro bono, also neben ihren normalen Tätigkeiten.
Im Augenblick sind fünf Projekte abgeschlossen und zwei Projekte „in progress“. Wie ist die langfristige Perspektive der Initiative, wird es noch weitere Coachings geben?
Nach der erfolgreichen Pilotphase in 2006 haben wir bei A.T. Kearney beschlossen, „Create a Difference“ als festen Bestandteil unserer globalen Nachhaltigkeit-Initiative aufzunehmen. Wir planen kontinuierlich neue Projekte zu coachen und die Initiative auch zunehmend in andere Regionen außerhalb Zentraleuropas auszudehnen.
Wieviele Stunden im Durchschnitt werden die Projekte beraten?
Der Beratungsaufwand varriert stark mit Größe und Thematik der Projekte. Typischerweise unterstützt A.T. Kearney die Projekte durch ein Team von zwei bis drei Beratern über einen Zeitraum von etwa drei Monaten.
Zu Beginn der Coaching-Phase wird gemeinsam definiert, wie unsere Unterstützungsleistung aussieht und wo wir für die Studenten den größten Mehrwert liefern können.
Normalerweise gibt es mehrere persönliche Treffen zwischen uns und dem Studenten-Team, z.B. Kickoff, Zwischen-Workshop und Abschlusspräsentation. Parallel unterstützen wir die Studenten per Email oder in Telefonkonferenzen.
Welches Projekt hat Sie am meisten beeindruckt?
Jedes Projekt, das wir bisher unterstützt haben, war für sich gesehen beeindruckend. Die Projekte werden immer von Menschen durchgeführt werden, die mit einer sehr starken Motivation ausgestattet sind, die Lebensbedingungen und Möglichkeiten für ihre Mitmenschen positiv zu verändern: sei es in sozialen, kulturellen oder ökologischen Bereichen.
Wie hat die Initiative ihr Denken als Unternehmensberater verändert oder welche Impulse hat es von den NGOs gegeben?
Als Unternehmensberater ist man häufig stark getrieben von einer Wirtschaftszentrierten Perspektive. Probono-Projekte helfen mir persönlich den Blick auch für soziale und ökologische Konsequenzen des eigenen Handelns nicht zu verlieren.
Wie der Einzelne und auch Unternehmen dann mit einem Zielkonflikt zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Effekten umgehen, ist jeweils eine individuelle Entscheidung. Aber ich finde es wichtig, dass zumindest alle Effekte des persönlichen oder unternehmerischen Handelns transparent gemacht werden. Wenn Social Entrepreneurs oder NGOs eine solche ganzheitliche Perspektive einnehmen, finde ich das sehr gut.
Was sind die Gemeinsamkeiten von Unternehmensberatung und NGO-Arbeit? Was können NGOs von Unternehmensberatungen am besten lernen?
Sowohl Beratungen als auch NGOs müssen bei Projekten möglichst mit allen betroffenen Stakeholdern in Dialog treten und sie ins Boot holen, ansonsten fällt einem das Projekt später wegen mangelnder Akzeptanz oder politischer Widerstände auf die Füße.
Ich denke, dass in manchen Fällen NGOs sehr stark auf die inhaltlichen Ziele fokussiert sind und manchmal wesentliche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Projekt-Durchführung wie z.B. die Ressourcenausstattung mit tatkräftigen Mitarbeitern oder finanziellen Mitteln zu sehr aus dem Blickfeld verschwinden.
Auch bei unseren „Create a Difference“-Projekten wird zum Beispiel Fundraising manchmal auf die leichte Schulter genommen. Wir versuchen dann das Team etwas zu bremsen: lieber etwas niedrigere Projekt-Ziele, die aber auch erreichbar sind.
Gibt es auch Grenzen, an die Sie beim Coaching gestossen sind?
Teilweise gibt es Problemstellungen, die ausserhalb unserer Kernkompetenzen liegen, wie etwa Rechtsberatung für eine Stiftungsgründung. In solchen Fällen können wir nur versuchen durch unser Netzwerk sinnvolle Experte-Kontakte zu vermitteln.
Viele Fragestellungen bei Projekten drehen sich aber um Bereiche wie Projekt- und Ressourcenmanagement, Fundraising, strategische Planung oder Prozess- und Organisationsdesign, in denen wir die Studenten sehr gut unterstützen können.
Konflikte in NGOs werden sicherlich anders gelöst werden müssen als in Unternehmen. Wird bei der Beratung auch Konfliktlösungstechniken vermittelt?
Das Thema Konflikt-Management berühren wir meist bei Beratungsprojekten implizit, z.B. wenn im Rahmen eines umfassenden Change-Management-Prozesses bei tiefgreifenden Unternehmens-Veränderungen konfliktierende Interessen verschiedener Stakeholder aufeinandertreffen und in Einklang gebracht werden müssen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interessierte Studierende können sich auch weiterhin über die Webseite http://createadifference.de/ bewerben.